Wandel und Vergänglichkeit

seasons-158601_640

Lerne die Art der Verwandlung aller Dinge ineinander wissenschaftlich zu untersuchen, sei hierauf beständig aufmerksam und übe dich stets in dergleichen Betrachtungen.
[…]
denn mit den zwei Punkten, nämlich das Rechte zu tun, was er jetzt zu tun hat, und in Liebe hinzunehmen, was ihm jetzt zugeteilt wird, zufrieden, läßt er alle anderen Geschäfte und Bestrebungen fahren und will nichts weiter als auf dem Pfade des Gesetzes in gerader Richtung zum Ziele schreiten und also der Gottheit folgen, die gleichfalls in gerader Richtung ihr Ziel verfolgt.
Marcus Aurelius, Selbstbetrachtungen, 10.11

Nichts ist für die Ewigkeit. Irgendwie wissen wir das und wenden dieses Wissen im Leben doch nicht an. Wir klammern uns an Dinge oder Menschen und hängen unser Glück an deren Existenz.

Sobald wir uns aber immer wieder klar machen, dass die Menschen und Dinge nicht für die Ewigkeit existieren und deswegen nicht selbstverständlich sind, können wir sie mehr wertschätzen.

Die Sätze der Stoiker klingen meist recht barsch, zeigen dadurch aber ganz genau auf die zu Unglücklichkeit führenden und ignorierten Aspekte des Lebens. Wie zum Beispiel Marcus Aurelius:

Jedes Sinnenwesen, das du betrachtest, stelle dir als schon in Auflösung, Verwandlung, gleichsam Verwesung oder Zerstreuung begriffen vor; bedenke, daß jedes Ding nur geboren ist, um zu sterben.
Marcus Aurelius, Selbstbetrachtungen, 10.18

Bei allen erfreulichen, nützlichen und daher von dir geliebten Dingen unterlaß nie, dir klar zu machen, wie sie beschaffen sind, und fange hierbei bei den kleinsten Gütern an. Siehst du einen Krug, so sage dir, daß du einen Krug siehst; dann wirst du nicht in Unruhe geraten, wenn er bricht. Umarmst du dein Kind oder Weib, so sage dir, daß du einen Menschen küssest, so wird dir nicht ungelassen werden, wenn er stirbt.

  • Epiktet, Handbüchlein der Moral 3

Was sind denn die Esser und Trinker und Schläfer und Erzeuger und was sie sonst machen? was sind sie, die sich aufblähen und so hoch drein schauen, die so zornig sind und so von oben herab urteilen? Vor kurzem — ­wem haben sie gedient und um welchen Preis? Und wieder eine kleine Weile — ­wo sind sie dann? Selbstbetrachtungen 10.19

Denke an die Beschaffenheit des Leibes und der Seele, worin du dich vom Tod ergreifen lassen mußt, sowie an die Kürze des Lebens, an den unermeßlichen Zeitraum hinter dir und vor dir, an die Gebrechlichkeit jeden Stoffes. Selbstbetrachtungen 12.7