Wie erklären die Stoiker, dass wir trotz Determinismus frei und verantwortlich handeln können?

Dazu gibt es das berühmte Walzen-Beispiel, das auf Chrysipp zurückgeht:

Eine Walze wird von außen angestoßen und rollt dann weiter. Der äußere Anstoß ist die vorausgehende Ursache, aber die hauptsächliche Ursache für das Rollen ist die eigene Beschaffenheit der Walze - ihre runde Form.

Damit zeigt Chrysipp, dass auch bei menschlichen Handlungen zwar äußere Einflüsse (Vorstellungen) den Anstoß geben, aber die Zustimmung und damit die Entscheidung aus unserer eigenen inneren Verfassung heraus erfolgt.

So bleibt trotz kausaler Verknüpfung persönliche Verantwortung möglich.

Das Beispiel widerlegt das "Faulheitsargument" - die Behauptung, man könne faul bleiben, da das Schicksal ohnehin alles so regelt, wie es richtig sei.

Praktisches Beispiel: Wenn du eine Beleidigung hörst (vorausgehende Ursache), bestimmt nicht die Beleidigung selbst deine Reaktion, sondern dein Charakter (hauptsächliche Ursache). Ein Weiser reagiert gelassen, ein Unweiser mit Zorn - bei derselben äußeren Ursache.

Wir können äußere Ereignisse nicht kontrollieren, aber wir sind verantwortlich für unseren Charakter und damit für unsere Reaktionen.

Einige Dinge stehen in unserer Macht, andere hingegen nicht. In unserer Macht sind Urteil, Bestrebung, Begier und Abneigung, mit einem Wort alles das, was Produkt unseres Willens ist. Nicht in unserer Macht sind unser Leib, Besitz, Ehre, Amt, und alles was nicht unser Werk ist. Was in unserer Macht ist, ist seiner Natur gemäß frei, kann nicht verboten oder verhindert werden; was aber nicht in unserer Macht steht, ist knechtisch, kann verwehrt werden, gehört einem anderen zu.

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